… und in jedem Jahr die guten neuen Vorsätze
Glück, damit meinen wir oft etwas Zufälliges, Kurzanhaltendes. Literatur und Medien unterstützen dies und signalisieren, mit einfachen Maßnahmen geht´s zum dauerhaften Glück. Dazu gehören Lächeltrainings, Bettkantenübungen nach Hirschhausen (auf der Bettkante darüber nachdenken, worauf man sich heute freut) oder so tun, als sei man extrovertiert. Ja, zum dauerhaften Glück, das Schöne im Leben zu tun und zu sehen. Täglich, wöchentlich. Kurzfristig ist dies hilfreich.
Doch dauerhaftes Glück, dauerhafte Stimmigkeit mit sich selbst, ist so noch nicht erreicht. Dies bedeutet intensive Arbeit. Diverse Langzeituntersuchungen (Harvard 1979, Yale 1953) zeigen, dass Menschen, welche sich Ziele im Leben setzen (berufliche oder private) auf Dauer zufriedener sind. Weil sie alle Ihre Ziele erreichen? Nein!
Sondern weil sie selbstverantwortlich mit diesen Zielen umgehen und sich regelmäßig fragen, inwieweit diese Ziele weiterhin gut, realistisch, richtig sind und sich gegebenenfalls auch erlauben, diese Ziele oder Ihre Maßnahmen dahin zu gelangen, zu ändern. Dies bedeutet auch, temporär Dissonanz auszuhalten und in unangenehmen Phasen Durchhaltevermögen zu zeigen. Sich anzustrengen, ob beruflich oder privat, um bestimmte Dinge, die wir erstreben zu erreichen. Belohnungsaufschub wieder zu lernen.
Exkurs Belohnungsaufschub:
Sie kennen die Untersuchung mit dem Überraschungsei? Ein Kind erhält ein Überraschungsei vom Versuchsleiter und gleichzeitig die Information, dass es ein weiteres bekommt, wenn es dieses so lange bis die Person wiederkommt, nicht isst. Dieses Experiment stammt ursprünglich von Walter Mischel, der sich Ende der 60er Jahre schon mit dem Thema Belohnungsaufschub beschäftigt hat. Er nutzte in seinem Experiment jedoch Marshmallows und führte das Experiment mit 500 Kindern (4-5 Jahre alt) durch. Die Strategien der Kinder, nicht zuzugreifen, waren damals wie heute: auf dem Stuhl rutschen, Süßigkeit anfassen, riechen, rappeln, anknabbern, aufstehen und um den Stuhl und die Tische gehen, Spiele erfinden … Und dennoch – ob Marshmallow oder Überraschungsei – 15 Min sind für viele Kinder in dem Alter zu lang und Schwupps, ist das Überraschungsei oder das Marshmallow im Mund. Doch diejenigen, die es schafften zu warten, bekamen natürlich wie versprochen das zweite Marshmallow oder das zweite Überraschungsei.
Wer warten kann, ist erfolgreicher
15 Jahre nach dem Marshmallow-Test lud Psychologe Mischel 100 der 500 Kinder erneut ein und überprüfte deren soziale und schulische Fähigkeiten. Was er dabei herausfand, war erstaunlich. Je länger die Mädchen und Jungen damals vor dem Marshmallow warteten, desto besser waren sie später in der Schule und desto besser konnten sie mit Frustration umgehen. Obwohl zwischen dem ersten und dem zweiten Test anderthalb Jahrzehnte lagen, in denen die Kinder zahlreichen Einflüssen ausgesetzt waren, konnte der Marshmallow-Test also in gewisser Weise schulische und soziale Fähigkeiten voraussagen (moderater Zusammenhang).
Erfolg abhängig von Selbstkontrolle
Da die Kinder alle einen ähnlichen Hintergrund hatten (ihre Eltern waren allesamt Akademiker), konnte der Test beweisen, dass Erfolg nicht nur von Intelligenz abhängig ist, sondern auch von der Fähigkeit zur Selbstkontrolle, also der Fähigkeit, sich jetzt anzustrengen (der Versuchung der sofortigen Süßigkeit zu widerstehen) und später die Lorbeeren zu ernten (das zweite Marshmallow). Belohnungsaufschub wie im Lehrbuch. Um erfolgreich zu sein, muss man also üben, Versuchungen zu widerstehen (z. B. einer Einladung ins Kino), unangenehme Dinge gleich zu erledigen (unangenehme Aufgaben tun) und dann die Belohnung dafür zu bekommen (ein motivierterer Arbeitstag UND einen Kinobesuch). Deswegen sagt man: Zuerst die Arbeit, dann das Vergnügen.
Erfolg abhängig von Selbstkontrolle
Gut, sie haben die Ziele und den Willen durchzuhalten, um Ihre Ziele zu erreichen. Was ist weiter ausschlaggebend, damit dies realisierbar wird? Zwei Dinge: smarte (spezifisch, messbar, aktiv, realistische, terminiert) Ziele und konkrete Pläne.
Setzen Sie sich positiv konkrete Ziele, damit sie auf etwas positiv Konkretes hin und nicht lediglich von etwas Negativkonkretem wegarbeiten. „Nicht mehr so viel Zeit mit Aufgaben verbringen, die eigentlich auch andere tun können oder sogar laut Stellenbeschreibung sollen“ kann ein Ziel sein, wirkt jedoch noch wenig wegweisend. Wieviel ist weniger? Wer kann das prüfen? Selbstüberlistung und der innere Schweinehund siegen: „Wenn ich´s selbst mache, geht´s schneller und besser“.
Ein Ziel in der Art: „ich möchte mich auf meine Kernaufgaben konzentrieren und dazu Mitarbeiter Henry in folgende Aufgaben bis zum 01.03. des Jahres einarbeiten“ wird schon konkreter. Dazu bedarf es zunächst des Mutes, dieses Ziel für sich zu definieren (der erste Schritt, den inneren Schweinehund an die enge Leine zu legen). Es bedarf der Kommunikation mit den betreffenden Menschen und gewinnt somit deutlich an Verbindlichkeit (als zweiter Schritt, den inneren Schweinehund an die Kandare zu nehmen: „nicht nur ich weiß Bescheid, sondern auch andere“). Es entsteht ein konkreter Plan, der das Thema in den Fokus rückt und eine permanente Kontrolle sowie ggfs. Kurskorrekturen erlaubt. Bewusste Kurskorrekturen erlauben weiterhin Zufriedenheit. Der konkrete Plan erlaubt auch, die Konsequenzen der Veränderungen, für einen selbst sowie auch für andere, zu berücksichtigen. Denn bei allem selbstverantwortlichen Streben nach Glück, bitte nicht nur einseitig zulasten anderer.
Denn Glück verdoppelt sich,
wenn man es mit Leidenschaft teilt.
Und nächsten Monat: Glück und „was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr“